Für die Planeten heisst das, dass ihre Bewegung durch das Newtonsche Gravitationsgesetz beschrieben werden kann. Bzw. durch die drei keplerschen Gesetze (die sich ja direkt aus dem Gravitationsgesetz ableiten lassen).
Das erste Keplerscher Gesetz besagt, dass sich die Planeten auf elliptischen Bahnen um die Sonne bewegen. Nun soll aber der mysteriöse Planet X sich einerseits die meiste Zeit über weit draussen im äußersten Sonnensystem befinden; dort wo wir ihn nicht sehen können. Andererseits soll er aber 2012 der Erde nahe kommen - ansonsten könnte er uns ja nicht gefährlich werden.
Seine Bahnellipse muss also einen sonnenfernsten Punkt haben, der im äußeren Sonnensystem liegt und einen sonnennächsten Punkt, der sich mindestens irgendwo in der Nähe der Erdbahn befindet. Das heisst aber auch, dass die Bahn von Planet X sehr stark elliptisch sein muss. Sie ist also nicht annähernd kreisförmig, so wie die Bahnen der übrigen Planeten sondern sehr stark oval; sehr langgestreckt. Solche Bahnen finden wir im Sonnensystem vor allem bei Asteroiden und Kometen. Hier ist ein Beispiel, das die Bahn des Asteroiden Hidalgo zeigt:
Die Bahn von Hidalgo ist hier rot eingezeichnet - ihr sonnenfernster Punkt liegt bei der Saturnbahn; ihr sonnennächster Punkt bei der Bahn des Asteroiden Ceres. Man sieht deutlich, dass so eine exzentrische Bahn die Bahn von anderen, weniger exzentrischen Bahnen, kreuzen muss. In diesem Fall kreuzt Hidalgo die Bahn von Jupiter.
Wenn Planet X sich allerdings im äußersten Bereich des Sonnensystems befindet, aber trotzdem der Erde nahe kommen will, dann muss seine Bahn noch viel stärker gestreckt sein, als die von Hidalgo. Außerdem wird sie mindestens die Bahn der Planeten Neptun, Uranus, Saturn, Jupiter und Mars kreuzen. Und eventuell auch noch die Bahnen von Venus und Merkur.
Wenn sich zwei Bahnen kreuzen, dann besteht die Möglichkeit, dass sich die beiden Objekte sehr nahe kommen. Je näher sich zwei Himmelskörper sind, desto stärker ist die zwischen ihnen wirkende Gravitationskraft. Das kann schlimm für einen der beiden beteiligten Himmelskörper enden: durch diesen "Gravitationsstoß" kann er aus dem Sonnensystem hinaus geworfen werden bzw. es kann auch zu einer Kollision kommen.
Wie auch immer es ausgeht - Himmelskörper auf sehr exzentrischen Bahnen überleben meist nicht lange (ich habe diesen Effekt schonmal bei den erdnahen Asteroiden beschrieben). Wenn es Planet X wirklich gäbe, dann hätten die nahen Begegnungen mit den anderen Planeten, die zwangsläufig stattfinden würden, Planet X schon längst unschädlich gemacht Entweder wäre er aus dem Sonnensystem geflogen oder er wäre bei einer Kollision zerstört worden. Oder - falls Planet X viel größer als die bekannten Planeten unseres Sonnensystems ist, dann hätte er seinerseits diese Planeten herausgeschmissen oder zerstört (was aber offensichtlich nicht der Fall war).
Ein Planet auf so einer exzentrischen Bahn wie sie Planet X haben müsste, kann also in unserem Sonnensystem nicht existieren!
Unsichtbare Planeten gibt es nicht
Aber tun wir mal so, als würde das oben gesagte nicht gelten. Vielleicht hat Planet X durch einen kosmischen Zufall doch bis heute überlebt. Aber selbst dann gibt es Möglichkeiten, wie man zeigen kann, dass es ihn nicht gibt.
Genauso wie ein Planet sich nicht auf einer beliebigen Bahn bewegen kann, kann er sich auch nicht mit einer beliebigen Geschwindigkeit bewegen. Das zweite Keplersche Gesetz sagt uns genau, wie schnell sich ein Himmelskörper entlangt seiner Bahn fortbewegt.
Aus der angeblichen Bahn, die Planet X haben soll, kann man also ausrechnen, wo er sich jetzt gerade befinden muss, damit er es noch rechtzeitig bis 2012 zur Erde schafft. Das Ergebnis: er wäre jetzt schon fast im inneren Sonnensystem - also weit innerhalb der Bahn des Saturn. Das heisst aber auch, dass wir Planet X schon längst sehen können müssten.
Je nachdem wie groß Planet X ist, müsste man ihn sogar schon mit freiem Auge am Nachthimmel sehen können! Das diesen Planeten noch niemand entdeckt haben soll, ist unmöglich. Professionelle und Amateurastronomen beobachten Nacht für Nacht den Himmel um z.B. Asteroiden zu finden. Diese werden ständig entdeckt und viele davon sind nur ein paar hundert Meter groß und befinden sich weit hinter der Neptunbahn im äußeren Sonnensystem. Ein sehr viel größeres und näheres Objekt wie Nibiru kann man dabei nicht übersehen!
Manche sagen, dass Nibiru sich von uns aus gesehen auf der anderen Seite der Sonne befindet und deswegen nicht sichtbar ist. Aber auch das ist nicht möglich. Damit ein Himmelskörper von uns aus gesehen immer hinter der Sonne steht, muss er sich auf der selben Bahn wie die Erde befinden - nur eben auf der anderen Seite. Damit kann er uns aber auch nicht nahe kommen.
Im Internet sieht man auch oft Fotos, die angeblich Planet X in umittelbarer Nähe der Sonne zeigen. Abgesehen davon, dass diese Bilder keinen Himmelskörper zeigen, sondern optische Effekte und Kamerartefakte darstellen, kann es sich hier ebenso nicht um den angeblichen Planeten X handeln. Ein Planet, der sich von uns aus gesehen immer in der Nähe der Sonne befindet, muss eine Bahn haben, die innerhalb der Erdbahn liegt (so wie beispielsweise Merkur).
Selbst wenn Planet X es also geschafft hätte, bis heute zu überleben, dann müsste man ihn schon längst am Himmel sehen können! Auch Verschwörungstheorien greifen hier nicht. Planet X wäre nicht nur von irgendwelchen abgelegenen Großteleskopen sichtbar - sondern von überall aus, mit kleinen Amateurteleskopen oder sogar mit freiem Auge. Seine Entdeckung würde sich nicht vertuschen lassen.
Gravitation ist überall
Aber nehmen wir wieder an, das oben gesagte würde nicht gelten. Vielleicht besteht Planet X aus irgendeinem seltsamen Material, das alles Licht verschluckt. Vielleicht ist Planet X für uns unsichtbar.
Selbst dann wüssten wir schon lange, ob es ihn gibt oder nicht! Ein Himmelskörper macht sich ja nicht nur durch sein Licht bemerkbar - sondern auch durch seine Gravitation. Jedes Objekt, das eine Masse besitzt wechselwirkt gravitativ mit jedem anderen massiven Objekt!
Und Planet X soll angeblich sehr viel Masse besitzen! Die Angaben, die man findet reichen von einem Planeten, der so groß wie die Erde ist bis zu Objekten, die eine viel größere Masse als Jupiter (der größte Planet im Sonnensystem und dreihundert mal schwerer als die Erde) haben. Wenn es Planet X gibt, dann würde er also die anderen Objekte im Sonnensystem durch seine Gravitationskraft beeinflussen.
Und das würden wir merken! Wir können z.B. die Gravitationsgleichungen benutzen, um zu berechnen, wo sich der Planet Mars nächstes Jahr befindet. Dazu müssen wir den gravitativen Einfluss der anderen Planeten berücksichtigen. Vergessen wir dabei einen, z.B. Jupiter, dann wird unser Ergebnis falsch sein und Mars wird sich nicht dort befinden, wo wir es berechnet haben. Gäbe es also noch einen unbekannten Planeten, dann würden wir das deswegen merken, weil unsere Rechnungen immer falsche Ergebnisse liefern würde. Mit dieser Methode wurde übrigens im 19. Jahrhundert der Planet Neptun entdeckt: man hat damals festgestellt, dass sich der Uranus nicht dort befindet, wo man es errechnet hatte und hat daraus geschlossen, dass man den Einfluß eines bisher unbekannten Planeten nicht berücksichtigt hat - und das war Neptun!
Das Planet X nicht existiert, zeigt sich noch klarer bei den Raumsonden. Um hier die Sonde genau dorthin zu bringen, wo sie hin soll - z.B. auf einen bestimmten Punkt der Marsoberfläche - muss man auch noch die kleinsten gravitativen Einflüsse berücksichtigen. Würde da noch ein großer, unbekannter Planet herumschwirren, dann würde unsere Sonden niemals ihre Ziel erreichen.
Wissenschaftler suchen übrigens tatsächlich nach einem "Planet X". Damit ist aber nichts esoterisches gemeint - sondern das ist eine Bezeichnung, die für noch unbekannte, größere Objekte in den äußersten Bereichen des Sonnensystems steht. Und genau mit den gerade beschriebenen gravitativen Abschätzungen lässt sich auch herausfinden, ob und wo sich solche Planeten befinden können. Das hat man gemacht - und wenn es noch unbekannte Planeten gibt, dann sind sie sehr weit weg und können uns auch auf keinen Fall gefährlich werden.
Keine Gefahr!
Und wenn auch das oben gesagte nicht stimmt? Wenn Planet X auch keine gravitative Wirkung ausübt?
Nun, dann besteht kein Grund, sich Sorgen zu machen. Wenn Planet X tatsächlich ein Planet sein sollte, der unsichtbar ist und aus irgendeiner exotischen Materie besteht, die nicht gravitativ mit normaler Materie wechselwirkt, dann kann er uns nicht gefährlich werden. So ein Planet wäre aus unserer Sicht identisch mit gar keinem Planeten. Etwas, das keine Gravitationskraft ausübt, kann der Erde nicht gefährlich werden - es könnte sich ja nicht einmal auf einer Bahn um die Sonne befinden!
Nein, es besteht absolut kein Grund, sich Sorgen zu machen! So einen Planeten X, der 2012 der Erde gefährlich werden kann, kann nicht existieren, ohne das wir schon längst darüber Bescheid wüssten! Lasst euch also von niemanden Angst machen! 2012 wird die Welt nicht untergehen!
Quelle: Astronom Florian Freistetter - Warum es Planet x nicht geben kann
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